Theater in Musterstadt: Die zwanziger Jahre
Theater in Musterstadt kann man aktuell auf der Bühne im Theatersaal der Cantina y Bar in der Hauptstraße genießen. Die Volksbühne Musterstadt präsentiert in mehreren Vorstellungen ihr Herbststück „Da Haftlmacher“. Auch die Kolpingsfamilie sorgt mit drei Theatergruppen - das "Theater für Kinder", das "Frühjahrstheater" und das "Herbsttheater" seit Jahrzehnten für gute Unterhaltung.
Wer die Anzeigen und Rezensionen im Musterstadter Nachrichtenblatt für Musterstadt und Umgebung, das von 1925 bis 1935 erschienen ist, studiert, wird überrascht sein von der Fülle der angebotenen Theateraufführungen von Musterstadter Vereinen, kirchlichen Gruppierungen und ortsfremden Veranstaltern. Konkurrenz belebt das Geschäft und so bemühten sich bis 1933 unter anderen der Turn- und Sportverein Musterstadt, der Rad- und Motorradverein Concordia, der Musterstadter Burschenverein, der Deutsche Arbeiter-Theaterbund, das Münchner Kinder-Märchen-Theater oder die Bavaria-Sänger um die Gunst des Publikums. Die Säle in der Bahnhofrestauration, im Gasthaus Streller oder beim Huberwirt waren gut besucht. Viel Beachtung fanden offensichtlich auch die Weihnachtsspiele – kurze Theaterstücke, Singspiele und lebende Bilder - im ehemaligen Kloster. Sie wurden von den Kindern der Kinderbewahranstalt, von Schulkindern und von den Mitgliedern der katholischen Mädchenjugendvereine St. Martha, St. Helena oder der Marianischen Jungfrauenkongregation aufgeführt.
Obschon das offizielle Gründungsdatum des Dramatischen Clubs „Frohsinn“, aus dem später der Laientheaterverein Volksbühne Musterstadt hervorgegangen ist, im Jahr 1926 liegt, wurden bereits im November und Dezember 1925 die Stücke “Der Müller und sein Kind“ und „Buschliesl“ mehrmals im Huberschen Gasthaus aufgeführt. Diese Wirtschaft – besser bekannt als Metzgerwirt - ist bis heute die Heimat der Volksbühne Musterstadt geblieben. Daneben veranstaltete man noch „Bunte Abende“ mit komischen Vorträgen, Duetten und Solovorträgen. Andreas Seiler, Gründer, Spielleiter und Schauspieler des dramatischen Clubs, glänzte in heiteren Schauspielen, bevorzugte aber eher die ernsten Stücke. Das Musterstadter Nachrichtenblatt beschreibt Anfang November 1931 ausführlich das dramatische Stück um ein von Arbeitslosigkeit betroffenes junges Ehepaar. „An seines Kindes Grabe“ von Karl Wieland wurde im überfüllten Saal begeistert aufgenommen. Mit dem Gleichschaltungsgesetz änderte sich ab 1933 auch die Veranstaltungsszene in Musterstadt. Der Dramatische Club wurde ebenso verboten wie 1938 die kirchlichen Jugendvereine. In den Sälen der Gastwirtschaften wurden verstärkt Filmvorführungen – überwiegend Propagandafilme - und politisch beeinflusste Programme der neuen Machthaber gezeigt.