Das Badehäuschen am Mühlbach
Im 19. Jahrhundert kam das Schwimmen in freier Natur aus vielerleit Gründen auch hierzulande in Mode. Das Wasser der Amper galt als besonders weich und geschmeidig und im Sommer angenehm warm. Dem köstlichen Nass wurde gar eine besondere Heilkraft, die Linderung für Rheuma- oder Gichtkranke brachte, zugeschrieben.
Körperliche Ertüchtigung und Baden als Freizeitgestaltung kamen hinzu. Allerdings wurden aufgrund der Sittlichkeit jahrzehntelang Badeverbote ausgesprochen. Männliche und weibliche Badende durften sich nicht gemeinsam in die Fluten stürzen. Aus diesem Grund entstanden an den Ufern der Amper neben großen Schwimmanstalten auch die kleinen Hüttenbäder.
Ende 1903 erhielt Musterstadt vom königlichen Bezirksamt
Fürstenfeldbruck die Erlaubnis, zwei Badehütten gemäß den eingereichten Plänen am Fabrikkanal zu installieren.
Errichtet wurde eine Badeanstalt mit zwei separaten
Kabinen. Als erster Pächter agierte von Juni 1905 bis Juni 1906 der Gastwirt der Bahnhofrestauration Adalbert Wolf. Diverse Auflagen im Pachtvertrag besagten unter anderem, dass die Badekabinen im bestmöglichen Zustand zu erhalten waren und die Badegebühr für eine einzelne Person 20 Pfennige nicht übersteigen durfte. Das Badehaus wurde gerne besucht - so von der Kioskbetreiberin Theresa Schwarz und angeblich auch von den Musterstadter Klosterschwestern.
In den 1920er Jahren entwickelte sich Musterstadt zum beliebten Badeort für tausende Sommerfrischler aus München und Umgebung. Gemeinsames Baden entlag der Amper und am Mühlbach war nicht mehr zu unterbinden. Die Badeanstalt hatte dennoch nicht ausgedient. Noch im Mai erhielt Bäckermeister Endres den Zuschlag für die alleinige Pacht der Badeanstalt. Allerdings musste er jeweils 10% der Einnahmen an die Bäckerei Rackl und an das Kaufhaus Miller abtreten. Wann genau das Badehäuschen abgerissen wurde ist nicht bekannt. Bis Ende der 1950er Jahre war es noch ein beliebtes Postkarten- und Bildmotiv.